FASHION & FUN

Düsseldorf 2025: Milliardenschwerer Modestandort mit egalitärem Fashionfestival

Juli 2025

DFD Runway Zelt, 19. Juli 2025:

Schauspielerin Jeannette José, Regisseur Tommy Vujcic, Ezra Sofyan Türkmen

©Kuanzambi Basisa

Düsseldorf, die Hauptstadt Nordrhein-Westfalens, ist seit Jahrzehnten ein Magnet für Modeeinkäufer*innen aus aller Welt. Das liegt daran, dass 1949 unter dem Namen Interessengemeinschaft Damenoberbekleidung die Igedo Messe gegründet wurde. Auf der ersten Messe präsentierten sich 24 Unternehmen unter einem Dach auf dem historischen Gelände in Ehrenhof.


Relativ neu ist das DFD Festival, ein Festival für die Menschen der Stadt, da sie nicht von der Messe profitieren, die nur für Fachbesucher zugänglich ist. Es wird von Fashionnet organisiert, einer 2009 gegründeten städtischen Tochtergesellschaft.


Wie war das DFD Festival 2025?

Es erweckt den Eindruck, als würden die Ereignisse mit jedem Jahr an Pracht und Opulenz zunehmen. Auf der Pressekonferenz in der Eduards Bar des Luxuskaufhauses Breuninger gab die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt bekannt, dass sie 250 kostenlose Veranstaltungen in der ganzen Stadt organisiert habe. Wir haben die Veranstaltungen natürlich nicht mitgezählt, aber es war ein durchaus beeindruckendes Getümmel von Events, Popups, Fashionshows und Parties. Viele lokale Einzelhändler*innen nahmen teil und boten ihren Kunden an den Festivaltagen Sonderangebote. Luxusmarken wie das römische Maison Valentino richteten einen exklusiven Pop-up-Store im Hofgarten ein, bedeckten sogar die Parkbänke mit orangefarbenen Roben und veranstalteten Gewinnspiele. Luxusmarke Valentino wurde damit seiner Dominanz und Opulenz in der Modewelt gerecht. Das traditionelle Wäschegeschäft Mohnfeld lud seine Kundinnen in eine VIP-Lounge ein, und das Porzellanfachgeschäft Franzen organisierte einen Pop-up-Store mit japanischen Marken und einer japanischen Origami-Künstlerin, die normalerweise ihre Papierblumen auf der Paris Haute Couture Week zeigt. 

DFD Branchenevent, 20. Juli 2025: Ulrike Sommer, Coco La Grande, Lizzie Marlene Fedi, Charlotte Sommer, Angelika Kauffmann ©CGM

DFD Festival Runway, 19. Juli 2025: Angelika Kauffmann ©CGM

Der große Traum vom Modelsein

Die Stadt richtete auf dem Schadowplatz einen öffentlichen Laufsteg ein, auf dem jeder zu lauter Musik laufen konnte. Auch andere Model Castings fanden in der ganzen Stadt statt.


Festivaltag

Der Höhepunkt war natürlich das weiße offizielle DFD-Zelt auf dem Corneliusplatz. Viele lokale Designer*innen und traditionelle deutsche Marken boten am offiziellen Festivaltag, dem 19. Juli, öffentliche Laufstegshows an, die allesamt kostspielige Investitionen gewesen sein müssen -  in unsrerer heutigen Zeit nicht selbstverständlich. Darunter die Couture-Designerin Angelika Kauffmann, Monfeldmoden, Riani, Igedo Selected und viele mehr. Einige Plätze waren für die VIP-Kunden der Designermarken reserviert, während der Rest frei zugänglich war.


Showtime

Showtime: Regisseur Tommy Vujcic präsentierte erstmals öffentlich seinen Modefilm „Shelas Escape“ und verkündete, in Zukunft noch mehr Filme über die Düsseldorfer Fashionszene produzieren zu wollen.  Seine Hauptdarsteller*innen, natürlich mit Sonnenbrillen, saßen in der ersten Reihe. Ein weiteres Highlight war eine außergewöhnliche Modenschau in der Kunsthalle, unweit des DFD-Zeltes am Corneliusplatz. Dort präsentierte die lokale Designerin Marion Strehlow ihre minimalistische, futuristische Mode, ein Abend, an dem die Prominenz der Düsseldorfer Kunstszene teilnahm. 


Das DFD-Festival endete mit der Fashionnet-Branchenparty, früher ein rauschendes Fest für die Stadt, heute eine kleinere Veranstaltung in Businessatmosphäre, bei der die CEOs und Vertreter *innen der wichtigsten Modemarken und Modemessen unter sich bleiben. Zum ersten Mal war der Veranstaltungsort das Luxushotel The Wellem in der Altstadt. Das ehemalige Amts-und Landgericht gehört zum Portfolio der Frankonia-Gruppe und gleicht mit seinen Kunstschätzen von Tony Cragg, Günther Uecker und Julian Schnabel einem Museum. Die Branchenparty fand in seinem hauseigenen Pitti Cucina Italiana statt.


Upon invitation only

Natürlich möchten die Branche und VIPs unter sich bleiben, daher legt während der Fashion Week regelmäßig ein Schiff einer der größten deutschen Modemarken am Rheinufer ab, um die Privatsphäre zu gewährleisten. Was dort abläuft, erfährt man dann über die Social Media Kanäle einiger deutscher Fashioninfluencerinnen. Die Styling Lounge dieses Schiffes lag gleichsam im The Wellem. Was sich dort abspielte, wurde ebenfalls live über Social Media in die Welt übertragen. Auch in der Stadt: Platz 1 bis 3 von Heidi Klums GNTM, verteilt auf die Luxushotels der Altstadt, die jungen Damen und Herren allerdings auch hier nur auf privaten Events zu sehen. Vor dem K21 lag am Montagabend noch ein roter Teppich, da hier exklusiv ein Mode-Award verliehen wurde und einige Geschäfte luden dann gleich ausschliesslich Influencer*innen ein. Bei Hunderten von kostenlosen Veranstaltungen in der Stadt gab es jedoch kaum Klagen.


Düsseldorf ist Deutschlands wichtigster und umsatzstärkster Mode-Standort? Wie hat das eigentlich angefangen?


Die turbulente Geschichte der Igedo: Der Aufstieg Düsseldorfs zum Modestandort 

Gegründet wurde die Interessengemeinschaft Damenoberbekleidung (Igedo) im März 1949. Bei der ersten Messe präsentierten sich 24 Firmen auf dem historischen Gelände im Ehrenhof. In den 1950er Jahren wollten die Gründer die Bekleidungsindustrie nach dem Krieg wiederbeleben und Mode wieder attraktiv machen. Die Igedo brachte Hersteller*innen und Fachhändler*innen zusammen, und bereits 1954 beteiligten sich 72 ausländische Aussteller*innen. In den 1960er Jahren schritt die Internationalisierung voran: 1961 fand die 50. Igedo-Messe statt, 1965 trat Manfred Kronen in das Unternehmen ein, und 1969 wurde die Zahl von 1.000 Ausstellern übertroffen.


In den 1970er Jahren zog die Igedo in die Düsseldorfer Messehallen. Die 1980er Jahre markierten einen Wendepunkt: Mit der Einführung der Collections Premieren Düsseldorf (CPD) 1982 und vier jährlichen Igedo-Terminen wollte sich Düsseldorf als zentraler Modestandort Europas etablieren


In den 1990er Jahren dann expandierte die Igedo nach Großbritannien, Hongkong und Shanghai. In Berlin wollte man mit der MODA BERLIN, die achtmal stattfand, einen neuen Modestandort erschliessen. 


2003 lancierte die Igedo die Collection Première Moscow (CPM). 2008 trat Philipp Kronen als Managing Partner ein, und die Messe Düsseldorf wurde 95-prozentiger Gesellschafter. 2010 startete die Igedo eine Kooperation mit dem türkischen Modeverband ITKIB für die Collection Première Istanbul, die jedoch nach zwei Ausgaben eingestellt wurde. 2011 führte die Igedo die CPD SIGNATURES ein, eine Veranstaltung für zeitgemäße Marken und Designer. 2012 wurde die CPD eingestellt, und die Igedo lancierte THE GALLERY in Düsseldorf und Berlin, mit einer Auswahl an Avantgarde- und Designer-Kollektionen. THE GALLERY BERLIN startete im Cafe Moskau, während THE GALLERY DÜSSELDORF in der ehemaligen US-Botschaft auf der Cecilienallee Premiere feierte. Die CPD blieb als Dachmarke für die Orderzeiträume in Düsseldorf bestehen.


2013 zog THE GALLERY BERLIN in die Opernwerkstätten in Berlin-Mitte, während THE GALLERY DÜSSELDORF in der „Botschaft“ etabliert war. Die Igedo startete THE LITTLE GALLERY für Kindermode, die jedoch 2015 eingestellt wurde. Die Igedo übernahm die Auslandsvertretung der Central Asia Fashion in Kasachstan und feierte das Doppeljubiläum der CPM (20. Ausgabe und 10-jähriges Bestehen). 2014 führte die Igedo ihre 300. Veranstaltung durch, stellte THE GALLERY BERLIN ein und konzentrierte sich auf Düsseldorf.


2016 wuchs die GALLERY im Areal Böhler, RED CARPET wurde in GALLERY EVENING & OCCASION umbenannt, und das GALLERY SHOWROOM-Konzept bot Agenturen eine zehntägige Präsenz. 2017 startete die GALLERY SHOES, die die GDS als wichtigste deutsche Schuhmesse ablöste. Die CPM wurde an die Messe Düsseldorf Moscow verkauft, und die Igedo wurde wieder ein Familienunternehmen.


2019 feierte die Igedo ihren 70. Geburtstag und führte das SHOWROOM CONCEPT im Areal Böhler ein. Die Corona-Pandemie 2020 erschwerte die Organisation, doch drei von vier Messen fanden statt. 2021 waren die Veranstaltungen stark eingeschränkt; nur die GALLERY SHOES und die CPM in Moskau fanden statt. 2022 benannte sich die Igedo in Igedo Exhibitions um, startete FASHN ROOMS und SHOES DÜSSELDORF und übernahm die operative Umsetzung von Neonyt Düsseldorf sowie die „Europe Selection“ der Istanbul Fashion Connection (IFCO).


In 2023 veranstaltete die Igedo die Neonyt und zog sich kriegsbedingt aus der CPM zurück. 2024 feierte die Igedo ihr 75-jähriges Jubiläum und erhielt den Mode Business Award der Stadt Düsseldorf, überreicht von Oberbürgermeister Dr. Stefan Keller. Zudem gründete die Igedo den Fashion Aware Club, der sich mit Nachhaltigkeit in der Mode beschäftigt.


Egalitärer Ausgleich

Nach eigenen Angaben erwirtschaften über 600 Showrooms, Messen wie TWODAYS und Neonyt einen Umsatz von 12 Milliarden Euro. Fashion und Glamour strahlen währen der Fashionweek über die Stadt, aber das DFD Festival sorgt für einen egalitären Ausgleich.

————

Read also

MOVIES

„Auf der anderen Seite der Angst wartet etwas Wunderbares“

Düsseldorfer Filmregisseur Tomislav Vujcic über sein neustes Werk „Shela’s Escape“

 Januar 2024 (DE)

–––––––––––––––––––

ARMUT AUF DEN STRASSEN

Duesseldorf: Ein einziger Abend mit dem Gutnachtbus, den wir nie vergessen werden. (DE)

BOOKS

Valentino. A Grand Italian Epic – The Essence of a Fashion Empire in a New Book by TASCHEN (EN)

––––––––––––––––––––

DÜSSELDORF

Oper Düsseldorf: Der überraschende Kurswechsel

Wie man von der Signa-Insolvenz profitierte  (DE)

PHOTOGRAPHY

Without censorship: World Press Photo publishes the regional winners of the 2024 photo competition (EN)

––––––––––––––––––––

The latest news about the Magazines hometown Düsseldorf

_

©IHK Düsseldorf/Felix Gemein

DÜSSELDORF

Bald heißt es "Everybody’s Heimspiel“ in Düsseldorf. Wird es auch für den Einzelhandel ein Sommermärchen? (DE)

©Achim Kukulies

GESCHICHTE

Düsseldorf gedenkt an die zerstörte Große Synagoge mit Lichtinstallation "missing link_" von Mischa Kuball

(EN  /  DE)

––––––––––––––––––––

RELATED